Philosophische Wegstunde "Bayerische Toskana"
Philosophische Wegstunde "Bayerische Toskana"

"Am Weg" - Philosophisch- lyrische Gedanken

Im Folgenden eine kleine Auswahl meiner Gedanken. Hier ein Essay zu einem sehr zentralen Thema:

           

 

                                     Liebe als höchstes Ideal

Wir fragen immer danach, was Liebe ist, aber warum fragen wir nicht, was Liebe sein kann? So ist es auch beim Pantheismus. Es geht doch gar nicht so sehr darum, was Pantheismus ist, sondern was der Pantheismus sein kann. Man könnte kritisch anmerken, dass es in dieser Lehre kaum Antworten auf die Fragen der Moral gibt. Was ist für den Menschen aus pantheistischer Sicht gut? Was ist in dem Zusammenhang böse? Werden diese beiden zentralen Begriffe in unserer Philosophie im herkömmlichen Sinne verwendet? Es ist wahr, wenn gesagt wird, dass wir nicht an objektive Maßstäbe für „gut“ und „böse“ glauben, da Gott im Pantheismus größer ist als alle Wertvorstellungen, aber das bedeutet nicht, dass für uns nichts einen richtigen Wert hat. Es bedeutet nicht, dass wir kein ethisches Leben führen wollen. Es ist ganz anders. Als Pantheist nehme ich bewusst die Verantwortung an, dass wir die Maßstäbe setzen müssen. Wie behandele ich meinen Nächsten? Wie gehe ich mit Feinden um? Was ist mein höchstes Ideal? Wie sind Leitsätze zu beurteilen wie „Wer gibt, dem wird gegeben.“? Oder: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“

Und damit komme ich zum wahrscheinlich wichtigsten Thema. Denn neben den ganzen Philosophien und den ganzen klugen Visionen gibt es eine Sache, die wichtiger als alles andere sein könnte, sogar wichtiger als ein philosophisches Konzept wir der Pantheismus. Wir alle haben verschiedene Vorstellungen über Gott. (Übrigens gilt diese Feststellung auch für das Menschenbild. Die Antike sagte: „Erkenne dich selbst! Nach 2500 Jahren sehen wir, dass es die vielfältigsten Antworten der Menschen darauf gibt. Wahrscheinlich werden wir bei diesen Themen niemals auf einen Nenner kommen. Aber bei einem Thema sollten wir eine klare Sprache sprechen. Nichts ist wichtiger und bedeutsamer.)

Wonach sollten wir unser Leben richten? Was ist essenziell? Vermutlich werden manche meine Worte als weichgespült oder sogar romantisch-esoterisch betrachten, aber das sollte uns nicht daran hindern, nach Antworten zu suchen, in denen die Liebe eine zentrale Rolle spielt.


Liebe

Wenn wir einen neuzeitlichen Pantheismus schaffen wollen, dann sollte Liebe unser höchstes Ideal sein. Nichts sollte über ihr stehen. Wie würde die Welt aussehen, wenn wir uns anstelle von Schönheit und Erfolg für dieses andere Ideal entscheiden? Etwas, was nicht verschwindet. Geld können wir nicht ins nächste Leben mitnehmen, Schönheit vergeht, aber Liebe bleibt. Sogar noch nach unserem Tod. Wer das bezweifelt, der sollte sich in eine Beerdigung setzen. Auch wenn unsere Körper schon zu Staub geworden sind, so bleiben doch Gedanken und Erinnerungen an uns. Liebe macht uns unsterblich.

Wir sollten uns an die Liebe als höchstes Ideal erinnern, die ja sogar ein Paulus auf Nummer eins gesetzt hat, weil sie das wirksamste Mittel ist, um Hass zu beenden, um Verständnis zu fördern, um Menschen zusammenzubringen und das Fernziel Alles(s) ist/sind eins anzusteuern. Wir wissen, dass der Mensch nur etwa drei Tage ohne Wasser überleben kann. Daher wähle ich diese Metapher: Wenn Wasser d a s Element des Lebens ist, so ist Liebe der Boden, auf dem das Wasser fließen kann und zu einem (mit)reißenden Strom werden möge!  Ich bin davon überzeugt, dass wir ohne Liebe nicht leben können, egal, welcher Religion oder Philosophie wir nahestehen. Auch ein Pantheist, der zwar erkannt hat, dass Gott größer ist und dass wir in seinem Spirit überall eine Beseeltheit spüren, dem wird etwas Entscheidendes fehlen, wenn er den Wert der Liebe nicht erkennt. Was bringt uns eine pantheistische Welt ohne dieses erste Ziel? Was bringt uns eine fortschrittliche Gesellschaft, indem wir nicht unseren Nächsten achten und respektieren? Denn Liebe kann ein wahrhaftiger Grundboden für jeglichen Respekt und jegliche Achtung sein.

Gerade in der Jugend glauben viele, dass Liebe fast nur ein hormoneller Vorgang ist, an dessen Ende Kinder hervorgebracht werden. Die Bedeutung der Liebe als tiefe Erkenntnis dämmert Vielen erst im  Laufe des Lebens. Eine Erkenntnis, die uns alle Hoffnung schenken kann, die uns Halt und Zuflucht bieten kann.

Aber was fordern wir jetzt letztendlich in der Praxis? Wie soll das gelebt werden? Nette Worte oder Sonntagsreden alleine reichen da nicht als Antwort. Die Liebe, die ich meine, ist aber, ähnlich wie der Pantheismus, im Verstand nicht zu (be)greifen. Diese Erkenntnis muss in der Seele ankommen. Und die Liebe muss als Lebensmotiv ganz ins Zentrum, rücken: Daher sagte Augustinus: „Liebe- und dann tue, was du willst!“ Sagen können wir viel, aber leben wir das auch? Niemand sagt, dass es leicht ist, aber dieser Weg ist es wert, dass wir ihn ins Auge fassen und beherzt antreten.

Daher ist es mir wert, doch konkret zu formulieren, wenn auch dies nicht leicht sein kann.

Was ist also Liebe?

Liebe hat als Grundlage, dass wir sie meist schon sehr früh erfahren durften. Sie ist meist mit Dankbarkeit verbunden, denn als Kleinkinder wurde sie uns meist geschenkt, ohne dass wir eine „Vorleistung“ erbringen mussten. Weil wir da waren, wurden wir geliebt, fertig. 

Die beste Antwort, die wir uns auf Moral ausmalen können, ist Liebe. Johann Wolfgang von Goethe drückt es in der ihm eigenen Hohen Poesie so aus: „Wenn dir's im Kopf und Herzen schwirrt, / was willst du Bessres haben! / Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, / der lasse sich begraben.“ Natürlich hat der große Meister vor allem die persönliche Liebe zu einem Menschen im Blick, ist sie doch die schönste Konkretisierung dieses Lebensaspektes! (Da viele die große Liebe nicht längerfristig –oder garnicht- kennenlernen, zeigt sich eben, wieviel Weg die Menschheit zu diesem hohen Ziel noch zu beschreiten hat.) Und weiter heißt es bei Goethe: „Denn das Leben ist die Liebe / und des Lebens Leben Geist. ... Welch` Glück, geliebt zu werden, / und lieben, Götter, welch ein Glück!“ Der Dichter tippt hier nun deutlich an die Agape, die Menschenliebe im höheren, vom Ego losgelösten Sinne an. Aber er kehrt mahnend  zur konkreten Form zurück. „
Lieben ist menschlich, nur müsst Ihr menschlich lieben!“ An dieser Stelle fühle ich mich erinnert an das große Werk von Erich Fromm, der in der Kunst des Liebens verdeutlicht, dass Lieben eine Kunst ist, der möglicherweise wichtigste Lernschritt in der von uns allen angestrebten Lebenskunst.

An dieser Stelle möchte ich auch auf die Eigenart der deutschen Sprache verweisen: Während das Englische mit love und life durchaus eine gewisse Wortähnlichkeit aufweisen, klingen die Wörter in romanischen Sprachen, z.B. mit vita und amor sehr unterschiedlich. Das (ehemalige) Land der Dichter setzt mit dem einen eingeschobenen i den geringsten Unterschied zwischen Leben und Liebe. Und man möchte verspielt anfügen: Das Pünktchen auf dem i des Lebens-Elements Liebe möge als die erwähnte reife Form angedeutet sein, die Erich Fromm als Psychoanalytiker herausstellte.

Nichts geht tiefer, nichts ist reiner, nichts ist gewaltiger, kein Gefühl ist größer. Liebe wächst, wenn du sie verschenkst! („Wer gibt, dem wird gegeben“/ Bibel und Goldene Regel.)

Ich bin überzeugt davon, dass, wenn wir die Liebe ans Steuer lassen, wir damit nichts falsch machen können. Ich möchte nochmal auf Augustinus zurückkommen: Auch in den Kreisen, die einer abrahamitischen Religion nahestehen, ringt man um diese Abwägung. Ist das (manchmal stur klingende)  Gebot zu befolgen oder ist Augustinus` Leitsatz des innersten Motivs vorrangig? Ich tendiere im Geiste meiner Ansprache zu Augustinus:  Wenn die Liebe das Motiv der Entscheidung wird, kann diese im Grundsatz nur fruchtbare Folgen haben. Diese mögen natürlich manchmal nicht sofort erkennbar sein: Die Mühlen des Göttlichen mahlen sicher manchmal langsam.  

Uns ist bewusst, dass dies schon oft gesagt wurde, doch am Ende entschieden sich viele wieder für etwas anderes, bzw. es fehlte ihnen die Kraft (oder die Liebe?), dies durchzuhalten. Angst mischte sich ein, die uns packen kann. Diese aber kommt von Enge, während die Liebe uns in die Sphäre der Weite führt.  Doch, wenn wir uns einmal dahin „durchlieben“ und eines Tages wirklich erkennen würden, wie viel größer die Kraft der Liebe sein kann, so würden wir der Angst keinen Einfluss mehr gewähren.

Hellmut Bölling/Torge Meyer
November 2021

 

Und hier noch etwas aus meiner reflexiven Lyrik (s.auch www.Spiritletter.de)

 

 

Ode an Friedensreich H.

 

Hunderte Wasser des Lebens

schienen ins Fließen zu kommen,

wenn er seine Sicht vom Häuser-Bauen

einem staunenden Publikum erläuterte,

wenn er uns zurief:

„Eure Wohnung ist wichtig, ist sie doch Eure zweite Haut!“

 

Und manchmal stieg er noch mehr in geistige Höhen und fing an zu predigen:

 

„Wahrlich, ich sage Euch: Die gerade Linie ist gottlos!“

 

Seine rechteck-versessenen Kollegen schwiegen zumeist,

manche verstanden nicht, wie er das genau meinte.

 

Man sagt ja, Gott schreibe auch auf krummen Linien gerade.

Vielleicht können wir nach Hundertwasser gar vermuten:

 

Gerade dort!